Keine krankheitsbedingte Kündigung ohne BEM

Bevor eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen wird, muss ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 84 Absatz 2 SGB IX durchgeführt werden. Der Arbeitgeber darf das BEM nicht von vornherein unterlassen, weil er es für nutzlos hält. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer in Gesprächen zuvor eine schicksalsergebene Haltung an den Tag legt.

Hintergrund der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz war der Fall eines Arbeitnehmers, der über mehrere Jahre hinweg sehr häufig krankheitsbedingt ausfiel. Im vierten Jahr wurde ein BEM-Gespräch angesetzt, in dessen Verlauf der Arbeitnehmer seine Erkrankungen als „schicksalhaft“ bezeichnete.

Als er erneut langfristig erkrankte, wurde ihm nach zehn Monaten Arbeitsunfähigkeit krankheitsbedingt gekündigt. Die Arbeitgeberin hatte kein weiteres BEM durchgeführt, da sie es aufgrund des Gesprächs mit dem Arbeitnehmer als nutzlos erachtet hatte. Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung und bekam vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen Recht.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Arbeitgeberin zurück. Das verpflichtende BEM sei der geeignete Weg, um mildere Mittel als eine Kündigung zu entwickeln. Eine objektive Nutzlosigkeit dieses Instruments sei von der Arbeitgeberin nicht überzeugend dargelegt worden. Die Äußerung des Arbeitnehmers zu seinen früheren Erkrankungen, sie seien schicksalhaft, stelle keine bindende Aussage für künftige Arbeitsunfähigkeiten dar, denn er sei kein Hellseher. Die Kündigung sei damit unverhältnismäßig und sozial nicht gerechtfertigt.

LAG Rheinland-Pfalz, 10.1.2017, 8 Sa 359/16