Dienstreise: Reisezeit ist Arbeitszeit

Rechtsprechung zur Reisezeit

Der Weg von der Wohnung des Arbeitnehmers zum Betrieb oder einer außerhalb des Betriebes gelegenen Arbeitsstelle ist in aller Regel keine Arbeitszeit. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Dauer der Wegezeit zu einer außerbetrieblichen Arbeitsstelle zur geschuldeten Arbeitsleistung gehört.

Innerbetriebliche Wegezeiten, also Wege innerhalb einer Betriebsstätte, z. B. zwischen zwei Werkhallen, oder zu einer auswärtigen Arbeitsstelle, z. B. vom Betrieb zu einer Baustelle, sind Arbeitszeit. Dies gilt auch für die Wegezeit zwischen einer innerbetrieblichen Umkleide- und der Arbeitsstelle, wenn die Arbeitskleidung im Betrieb angelegt werden muss, sowie die Zeit, die der Arbeitnehmer aufwenden muss, um eine vorgeschriebene Arbeitskleidung von einer außerbetrieblichen Ausgabestelle abzuholen (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.3.2014, 5 AZR 954/12).

Bei Außendienst- oder Vertriebsmitarbeitern sind die Fahrten von der Wohnung zum ersten Termin und die vom letzten Termin zurück untrennbar mit der Arbeitsleistung verbunden, sodass die hierfür aufgewendete Zeit vollständig zur Arbeitszeit zählt (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 10.9.2015, C 266/14). Gleiches gilt für Fahrer von Abhol- oder Transportdiensten und für deren Fahrten zum/vom ersten/letzten Einsatzort.

Dienstreisen sind dagegen Fahrten, die der Arbeitnehmer im Auftrag oder im Interesse des Arbeitgebers zu einem anderen Ort unternehmen muss, um dort seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ob die Reise vom Sitz des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus angetreten wird, ist ohne Bedeutung. Die Reisezeit zählt zur Arbeitszeit, v. a. wenn die Reisetätigkeit Bestandteil der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers ist, wie dies z. B. bei Kundendienstmitarbeitern der Fall ist.

Praxistipp

Grundsätzlich sind nur die Reisezeiten zu vergüten, die auch tatsächlich erforderlich sind. Sofern der Arbeitgeber die Art der Reise oder die Reisemittel vorgibt, muss er auch alle dabei anfallenden Zeiten vergüten, z. B. bei Verspätung eines Zuges, wenn Reisen mit der Bahn angeordnet werden.

Bleibt die Organisation und Durchführung der Reise dem Arbeitnehmer überlassen, muss er die insgesamt kostengünstigste Reisemöglichkeit wählen und ist dafür im Zweifelsfall nach Ansicht des BAG auch beweispflichtig. Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt sich die Vorgabe von verbindlichen Reiserichtlinien bzw. – in Abstimmung mit dem Betriebsrat – der Abschluss einer Betriebsvereinbarung.